Der Angeklagte, seine Verteidiger und weitere Mitarbeitende in dem Gerichtssaal.

Nordrhein-Westfalen Betrug mit Coronatests: 5 Jahre und 3 Monate im Medican-Prozess

Stand: 13.05.2025 16:19 Uhr

Im zweiten Bochumer Medican-Prozess ist das Urteil gefallen: Fünf Jahre und drei Monate Haft. Der Angeklagte hatte deutlich zu viele Coronatests abgerechnet.

Von Stefan Weisemann

Fast eine Million abgerechnete Coronatests, die es nicht gab. Höhere Abrechnungen für Ärzte, die nicht da waren. Der Schaden für die Kassenärztliche Vereinigung: mehr als 24 Millionen Euro. Seit Jahren wird über den großen Coronatest-Betrug der Firma Medican aus Bochum vor Gericht gestritten.

Am Dienstag ist im zweiten Prozess das Urteil gefallen. Der Medican-Geschäftsführer Oguzhan C. muss fünf Jahre und drei Monate in Haft. Während des Urteils lässt er die Schultern hängen, sein Blick geht die ganze Zeit nach unten ins Leere.

Betrug mit Coronatests aufgedeckt

Medican war während der Corona-Pandemie sehr schnell gewachsen. Auf Parkplätzen von Baumärkten und Möbelhäusern oder in Innenstädten hatte die Bochumer Firma mehr als 50 Teststellen. In Zelten und Bussen. Für das Gericht ist klar, dass der Angeklagte dabei zu viele Tests abgerechnet hat. Und zwar vorsätzlich, indem nicht nur falsche Zahlen angegeben, sondern diese auch am Computer bestätigt wurden.

Ein Coronatestzelt von Medican steht auf dem Parkplatz eines Baumarktes

Medican hatte mehr als 50 Corona-Teststellen

"Er hat das Chaos während der Corona-Pandemie ausgenutzt", sagte der vorsitzende Richter am Dienstag in der Urteilsbegründung. Ein Rechercheteam von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung hatte den Betrug im Frühjahr 2021 aufgedeckt. Die Journalisten hatten an einigen Stationen gezählt, wie viele Tests dort durchgeführt wurden. Das haben sie mit den offiziell von Medican gemeldeten Zahlen verglichen. Die lagen deutlich höher.

Medican-Prozesse laufen seit Jahren

Das Urteil vom Dienstag ist das vorläufige Ende eines Verhandlungs-Marathons. Ende 2021 war der erste Medican-Prozess vor dem Bochumer Landgericht gestartet. Im Zuge dieses Prozesses hatte der heute 51-Jährige den Betrug gestanden. Er wurde nach einem monatelangen Prozess zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Ohne das Geständnis wäre die Strafe wohl höher ausgefallen.

Trotz der Absprache mit dem Gericht haben der Angeklagte und seine Verteidiger Revision gegen das Urteil eingelegt. Mit Erfolg: Tatsächlich hat der Bundesgerichtshof das erste Urteil aufgehoben. Wegen eines Formfehlers. Der Richter hatte in einer Sitzungspause ein wichtiges Gespräch mit den Verteidigern geführt. Das hätte er in der öffentlichen Verhandlung sagen müssen, hatte er aber nicht.

Zweiter Medican-Prozess in Bochum

Deshalb wurde seit Februar 2024 erneut verhandelt. Wieder vor dem Bochumer Landgericht. Diesmal aber vor einer anderen Strafkammer. Und wieder wurde es ein langer Prozess mit fast 50 Verhandlungstagen. In diesem Prozess hat der Angeklagte geschwiegen. Sein Geständnis aus dem ersten Prozess war nicht verwertbar.

Neben den Betrugsvorwürfen an sich ging es auch immer wieder um den gesundheitlichen Zustand von Oguzhan C. Monatelang war er in stationärer psychiatrischer Behandlung. Teilweise wurden sogar die Verhandlungen in die Klinik verlegt. Die Verteidiger hatten beantragt, ihren Mandanten für nicht verhandlungsfähig zu erklären. Das Gericht hat ihn letztlich für eingeschränkt verhandlungsfähig erklärt. Zwischendurch wurde der Angeklagte auch wegen möglicher Fluchtgefahr in U-Haft genommen. Nach einer Haftbeschwerde wurde er nach einigen Wochen wieder freigelassen.

Revision gegen Medican-Urteil möglich

Das Urteil von Dienstag ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb einer Woche können der Angeklagte und seine Verteidiger Revision einlegen. "Wir werden das mit unserem Mandaten in Ruhe besprechen, da wird er auch mal eine Nacht drüber schlafen", sagt sein Anwalt Björn Gercke nach der Urteilsverkündung. Gut möglich, dass das letzte Wort im Medican-Prozess noch nicht gesprochen ist.

Unsere Quellen:

  • Landgericht Bochum
  • Verteidiger Björn Gercke
  • WDR-Reporter vor Ort