Junger Grashalm steckt in vertrockneter Erde

Mecklenburg-Vorpommern Frühjahrstrockenheit in MV: Das Land dürstet

Stand: 14.05.2025 14:33 Uhr

Seit Februar hat es in Mecklenburg-Vorpommern kaum geregnet. Ergiebigen Regen gab es letztmalig am 25. Januar 2025, schildert NDR Wetterexperte Thomas Globig. Ähnlich trocken war es zuletzt im Frühjahr 1974.

Von Franziska Drewes

Auf den Ackerflächen spitzt sich landesweit die Situation zu. Das Wintergetreide reagiert gestresst auf die Trockenheit. Die Getreidespitzen verfärben sich gelb, in den Feldern sind partiell helle Flächen zu sehen. "Die Wasserreserven im Oberboden auch in etwas tieferen Schichten sind aufgebraucht", sagt Frank Schiffner, Referent für Pflanzenproduktion beim Bauernverband MV.

Raps wirft Blüten ab

Winterweizen, Wintergerste und Winterroggen sind im vergangenen September ausgesät worden. Die Saat ist gut durch den milden Winter gekommen, nun benötigen die Pflanzen Wasser. Vor allem leichte Böden halten das Wasser nicht gut. Dort leiden die Ackerkulturen besonders. Auch der Raps zeigt Trockenstresssymptome. "Er wirft einzelne Blüten ab, die Haupttriebe sind teilweise schlapp und er stellt das Wachstum ein", erklärt Schiffner. Seinen Worten nach laufen auch Zuckerrüben teilweise zögerlich oder lückig auf, vor allem da, wo die Bodengüte niedrig ist.

Trockenes Haferfeld bei Gallin in Mecklenburg-Vorpommern

Die Haferfelder in Gallin haben schon im Mai mit der Trockenheit zu kämpfen.

Ernteausgang völlig offen

Ab Ende Juni werden die ersten Getreidefelder geerntet. Wie die Ernte in diesem Jahr ausfallen wird, ob es zu möglichen Verlusten kommt, sei noch völlig offen. Schiffner vom Bauernverband MV spricht allen Landwirten aus der Seele. Sie warten sehnlich auf ergiebigen Niederschlag.

Kein Regen in Sicht

"Seit Jahresbeginn hat es im Land zwischen 50 und 100 l/qm, im Osten örtlich mehr als 100 l/qm geregnet. Dabei gehört der Westen Mecklenburgs über den Landkreis Rostock bis nach Nordvorpommern zu den trockensten Regionen", zählt NDR Wetterexperte Thomas Globig auf. Wann dieser überaus regenarme Zeitraum von ergiebigem Niederschlag wieder abgelöst wird, ist derzeit offen. In den nächsten Tagen sei kein nennenswerter Regen in Sicht, so Globig weiter. "Ein Tief über Osteuropa könnte in der zweiten Wochenhälfte einige wenige und schwache Schauer vor allem über die östlichen Landesteile treiben, deren Ergiebigkeit aber in keiner Weise hilft."

Beregnungskanonen auf Gemüsefeldern

Die Gemüsefelder hierzulande werden vielerorts beregnet, so auch bei BEHR Gemüsegarten in Gallin. Alle Kulturen würden Wasser benötigen, Salat und Kohlrabi beispielsweise, die gerade heranwachsen. Die Vegetation habe deutlich früher begonnen. Darauf verweist Hans-Jörg Elvers von der Erzeugerorganisation für Obst und Gemüse, Mecklenburger Ernte GmbH. Erschwerend kommen seinen Worten nach Wind und Sonne hinzu, wodurch viel Feuchtigkeit verdunstet oder abgetragen wird. Rolf Hornig, Gartenbauexperte bei der LMS Agrarberatung, verweist darauf, dass zudem viele Gemüse- und Salatfelder mit Folie bedeckt seien. Die intensive Sonneneinstrahlung sorgt dafür, dass Salat und Co. darunter stärker wachsen und Wasser benötigen. Auch Erdbeeren werden hierzulande bewässert.

Wasserkanone bewässert ein Gemüsefeld bei Gallin in Mecklenburg-Vorpommern

Oft werden Beregnungskanonen zur zusätzlichen Bewässerung von Feldern eingesetzt.

Störche finden kaum Regenwürmer

Aktuell brüten im Land gerade die Störche. Die ersten Küken sind bereits geschlüpft. Sie benötigen besonders in den ersten drei Lebenswochen Regenwürmer. "Wir stellen fest, dass Störche weite Strecken fliegen, um zu ergiebigen Nahrungsflächen zu gelangen", sagt Stefan Kroll. Er leitet die NABU-Landesarbeitsgruppe Weißstorchschutz MV. Über die Beringung der Tiere lassen sich diese längeren Flugwege belegen. Sie zeigen: Auch die Nähe zu landwirtschaftlich bestellten Flächen garantiere keine reiche Regenwurm-Ausbeute mehr. "Wir beobachten ebenso, dass auf gemähten Grünlandflächen jetzt eher Käfer und andere Insekten erbeutet werden, während sich Regenwürmer in tiefere Regionen zurückgezogen haben", sagt der Experte. Die Störche müssten sich schon gut auskennen, um statt auf Wiesen dann im Umfeld von Gräben, Kleingewässern und Söllen ihre Nahrungspalette aufzustocken.

Wahrscheinlich könne der Brutbestand in diesem Jahr um 15 Prozent niedriger ausfallen. Nester, die zu Beginn der Saison mal für einige Tage besetzt waren, sind teilweise wieder verlassen worden. "Wenn dort wenig zu holen ist, macht es Sinn, weiterzuschauen. Sie haben keine Bindung an irgendeinen Standort", beschreibt Stefan Kroll das Ausweichverhalten der Störche. Naturschützer beobachten zudem, dass auch die Habitate von Amphibien austrocknen. Wasser von oben ist deshalb auch für Frösche und Kröten unerlässlich.

Landesjagdverband befüllt Suhlen

Auch Wildtiere leiden unter der Trockenheit. Jägerinnen und Jäger befüllen beispielsweise Suhlen mit frischem Wasser. "Wasser ist um diese Jahreszeit enorm wichtig. Wir haben junge Hasen und das Rehwild, das gerade Kitze gebärt. Für eine gute Milchleistung ist ein guter Wasservorrat notwendig", so Anja Blank, Geschäftsführerin des Landesjagdverbandes. Eine gute Alternative zu fehlenden Suhlen im Revier sei auch eine Vakuumtränke, erzählt Blank weiter. Auch sie bietet über einen längeren Zeitraum frisches Wasser an. Der Landesjagdverband hat dafür auf seiner Internetseite eine Bauanleitung veröffentlicht. Auch Kleingärtner können diese Tränke mit wenig Materialeinsatz nachbauen.

Wassertränken für Gartentiere

Auch Jenifer Calvi von der Deutschen Wildtier Stiftung empfiehlt, Tränken aufzustellen oder aufzuhängen. "Von den kleinen Wasserschalen profitieren Igel und Vögel, die sich auf dem Boden aufhalten, wie etwa Amsel, Rotkehlchen und Zaunkönig". Kleine Wasserschalen können auch in die Bäume gehängt werden, erzählt Calvi weiter.

Für die Tränken sollten sonnige Standorte vermieden werden, weil dort das Wasser sehr schnell verdunstet. "Ich stelle die Schalen auch nicht direkt unter Bäume, weil darin können sich dann schnell Nadeln und Blätter sammeln, die das Wasser verschmutzen. Die Schalen sollten sowieso regelmäßig gesäubert werden, damit sich darin keine Bakterien und Keime ansiedeln, die die Vögel schlimmstenfalls krank machen könnten."

Und noch einen Tipp hat Calvi parat: "Für Vögel am besten einen kleinen Stein in die Schale legen. Dann können die Tiere darauf landen und das Wasser aufnehmen. Sehr wichtig auch, Eichhörnchen versuchen bei Regentonnen ans Wasser zu kommen. Das ist gefährlich, denn wenn sie hineinfallen, können sie ertrinken". Die Wildtierexpertin rät, eine Holzlatte in oder auf die Regentonne zu legen, damit die Tiere in diesem Fall herausklettern können.

Trockenheit hemmt Vermehrung der Stechmücken

Das trockene Frühjahr im Norden hemmt unterdessen die Vermehrung von Stechmücken. Zwar komme die Wärme den Insekten entgegen, aber es fehlen Wasserstellen, in denen sich die Eier von Stechmücken entwickeln können, erklärt die Biologin Elke Reinking vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Greifswald. Auf einen mückenarmen Sommer lasse das allerdings nicht schließen, sagt der Insekten-Experte Carsten Pusch vom NABU. Wenn es feucht und warm genug ist, könnten sich Mücken explosionsartig vermehren. Eine einzelne Mücke könne hunderte Eier legen, die innerhalb von zwei bis drei Wochen zu Mücken werden. Mittel- und langfristige Prognosen seien schwierig.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 14.05.2025 | 13:00 Uhr